Was ist Judo?

Sei-Ryoko-Zen-Yo: bestmöglicher (maximaler und effizienter) Einsatz von Geist und Körper
Ji-Ta-Kyo-Ei: gegenseitiges Unterstützen zum gemeinsamen Wohlergehen

 

Jigoro Kano

 

Diese zwei Prinzipien legte Jigoro Kano 1882 dem modernen Judo zugrunde. Judo setzt sich aus den Silben "ju" und "do" zusammen. Während "ju" für Sanftheit wie auch Nachgeben steht, bedeutet "do" Weg oder auch Prinzip. Judo bedeutet also soviel wie sanfter Weg oder auch der Weg des Nachgebens, um letztlich den Sieg davonzutragen.

Entwickelt hat sich Judo aus dem viel älteren Jiu-Jitsu, was rein gar nichts mit Ju Jutsu zu tun hat. Jiu-Jitsu heißt in etwa sanfte Kunst. Enthalten waren Techniken, die auf die Samurai im aristokratischen Japan des 4. bis 12. Jahrhunderts zurückgehen. Dazu zählten Würfe, Schlag- und Tritttechniken, aber auch Würgen, Verdrehen von Gelenken, Stechen und Festhalten. Da Judo ab 1890 auf Anordnung des Kaisers Pflichtfach an japanischen Schulen und mit militärischem Drill gelehrt wurde, dauerte es nach dem Zweiten Weltkrieg einige Jahre, bis Judo wieder als Sport erlaubt war. Auch in Deutschland war jeglicher Kampfsport auf Beschluß der Alliierten untersagt.

1882 gründete Kano seine eigene Schule, das Kodokan (Haus zum Erlernen des Weges). Eng verknüpft mit der buddistischen Religion startete Kano von dort aus die Verbreitung seiner Lehren. Ausdruck der Religion ist war Ausgestaltung des Dojos (Trainingsraum) mit dem erhöhten Ehrensitz für den Meister bzw. Bilder großer Meister an den Wänden (auch heute hängen in vielen Dojos Bilder von Kano). Sämtliche unmittelbar tödlichen Techniken wurden ausgeklammert. Schlag- und Tritttechniken sowie Angriffe auf Finger und Fuß- und Beingelenke aus dem Trainingsprogramm verbannt. Fallübungen wurden gelehrt, außerdem bestand fortan die Möglichkeit, im Kampf aufzugeben. Das Training fand auf Reisstrohmatten (Tatami) statt, was die Verletzungsgefahr erheblich senkte.

Judo in Deutschland

Schon ab etwa 1900 verbreitete Kano seine Lehren auch außerhalb Japans. In Deutschland lehrte Erich Rahn traditionelles Jiu-Jitsu, was er von einigen geschäftstüchtigen Japanern gelernt hatte, die ihre stark zurückgedrängten Künste nun außerhalb Japans an den Mann zu bringen versuchten. Rahn kämpfte im Zirkus gegen Boxer und Ringer. So erlangte er eine gewisse Popularität. 1906 gründete er die erste deutsche Jiu-Jitsu-Schule. Obwohl sich Polizei und Militär der Techniken annahmen, blieb eine weitere Verbreitung aus. Erst 1920 gründete Alfred Rhode den Ersten Deutschen Judo-Club in Frankfurt am Main, der allerdings eher Jiu-Jitsu lehrte. 1922 fogten der Erste Berliner Judo-Club (EBJC), gegründet von Alfred Knorr, und der Judo-Club Wiesbaden. Judo im Sinne Kanos wurde durch einen seiner Schüler nach London gebracht. Über den Kontakt zu Alfred Rhode besuchte eine englische Auswahl Deutschland, was erstmals wirklich Judo nach Deutschland brachte. Nach einer Art "Tournee" durch deutsche Städte entstanden an vielen Orten Judo-Vereine, die sich 1932 unter Vorsitz von Alfred Rhode zum Deutschen Judoring zusammenschlossen. Noch im selben Jahr fand erstmals die internationale Judo-Sommerschule in Frankfurt am Main statt, auf der zahlreiche japanische Meister die Grundlagen für das gesamte europäische Judo legten. 1933 besuchte Kano Berlin und hielt Training an der Humboldt-Universität. 1934 fanden in Dresden die ersten Europameisterschaften statt. Im Dritten Reich wurde Judo der Schwerathletik unterstellt und ähnlich wie in Japan als paramilitärische Erziehungsmaßnahme mißbraucht.

 

1956 rief Heinrich Frantzen den Deutschen Judo-Bund (DJB) ins Leben. Nach einem hartumkämpften Verbandstag 1957 blieben Prüf- und Lehrwesen beim DDK, die übrigen Aufgaben fielen dem DJB zu. Die neue DJB-Prüfungsordnung sieht acht Kyu-Grade vor. Traditionell gab es in Japan nur weiße Gürtel für die Schüler, obwohl nach dem ursprünglichen System der Gokyo in fünf Stufen (so der Name) gelehrt wurde. Später wurde der Grüngurt eingeführt, um die Schülergrade zu differenzieren. In Europa legte man sich auf die Farben gelb, orange, grün, blau und braun fest, was letztlich auch in Japan übernommen wurde. Die Kyu-Grade von weiß-gelb über gelb, gelb-orange, orange, orange-grün, grün und blau bis braun sind heute für die Schüler vorgesehen, während die Dan-Grade den Judo-Meistern oder -Lehrern zustehen. Es gibt Prüfungen bis zum fünften Dan, all diese Gürtel sind schwarz. Ab dem sechsten Dan, der nur noch verliehen werden kann, kann anstelle des schwarzen Gürtels ein rot-weißer getragen werden. In Deutschland gibt es derzeit zehn Träger des achten Dans als höchste Graduierung (in Berlin ist Dr. Wolfgang Weinmann Träger des achten Dans), weltweit ist derzeit der zehnte Dan (rot) die höchste Graduierung. Der holländische Olympiasieger von 1964 Anton Geesink und der frühere IJF-Präsident Charles Palmer (Großbritannien) sind die beiden Träger des zehnten Dans. Einige bereits verstorbene Japaner waren bis zum zwölften Dan ausgezeichnet gewesen (so auch Kano).

 

Wettkämpfe

Die ersten Deutschen Meisterschaften nach dem Zweiten Weltkrieg fanden 1956 statt. Erst 1970 wurden auch Deutsche Meisterschaften für Damen ausgerichtet. Europameisterschaften wurden wieder 1957 durchgeführt, für Frauen erstmals 1975. 1956 fanden in Tokio die ersten Weltmeisterschaften statt, damals nur in einer offenen Gewichtsklasse. Erst als 1961 bei den dritten Weltmeisterschaften in Paris der Niederländer Anton Geesink erstmals die japanischen Judoka besiegen konnte, wurden Gewichtsklassen eingeführt. 1964 in Tokio war Judo erstmals olympisch. Drei der vier Titel sicherten sich die Japaner, während in der offenen Klasse wieder Anton Geesink erfolgreich war. Von den deutschen Judoka wurde der Kölner Wolfgang Hofmann Zweiter -80 kg und Klaus Glahn Dritter der offenen Klasse. Seit 1972 in München ist Judo für Männer fester Bestandteil des olympischen Programms, während die Frauen noch bis 1992 in Barcelona warten mußten, ehe auch sie um olympische Ehren kämpfen durften.